Weniger und dafür nützlicher ist unsere Prämisse

Veröffentlicht: 17.08.2022
Lesezeit: ca. 6m
Author: Tobias

Yuhee – endlich kommt Leben in unseren neuen – gebrauchten – Glaskasten 😊. An Tag 12 konnten wir morgens feststellen, dass unser Ammonium-Alert bereits wieder auf „save“ und demnach auf unter 0,02 mg/L Ammonium gefallen ist. Nachdem wir keinerlei Ammonium-Blocker Präparate eingesetzt haben, gehen wir davon aus, dass der Stickstoffkreislauf ausreichend etabliert ist, um erste „robuste“ Fische einzusetzen. In diesem Blogbeitrag möchten wir euch zeigen, weshalb wir uns für die jeweiligen Fische und Bewohner entschieden haben und welcher Idee wir folgen.

Die Sache mit dem Nährstoffhaushalt

Nährstoff Im-/Export. Welche Rolle spielt unser Besatz?

Da wir unser Meerwasser-Aquarium als gesamtes Ökosystem betrachten möchten, versuchen wir auch an dieser Stelle ein möglichst ausgewogenes Verhältnis aus Nährstoffeintrag und Nährstoffaustrag generieren zu können. Doch wie bekommen wir jetzt Nährstoffe in die Wassersäule und wie bekommen wir sie auch wieder heraus, um den Nährstoffhaushalt möglichst optimal einzustellen.

Der Nährstoffeintrag

Unsere Bewohner haben natürlich alle Hunger. Sowohl die Fische, die Korallen, als auch unsere Wirbellosen. Um unsere Pfleglinge optimal versorgen zu können, greifen wir also auf diverse Futtermittel zurück: Flockenfutter für Fische, Frostfutter für Fisch und Wirbellose und Korallenfutter. All diese Dinge führen unserem Aquarium zunächst Nährstoffe in organischer Form zu. Wir regulieren also den Nährstoffeintrag ganz rudimentär durch die Futtermenge.

Um unseren Nährstoffeintrag tatsächlich regulieren zu können, müssen wir uns demnach im Vorfeld Gedanken machen, wie viele und insbesondere welche Fische wir in Relation zur Korallenmenge halten möchten. Denn eine kritische Mindestfuttermenge geht eben gleichzeitig mit der Anzahl an Fischen einher. Es hilft ja nichts, 10 Doktoren zu halten und eine Fingerspitze Flockenfutter einmal täglich zu verfüttern.

Klar ist, wir werden vermutlich nie ein optimales Verhältnis finden, das exakt 1:1 beträgt. Allerdings ist es wesentlich einfacher, über der kritischen Mindestfuttermenge zu bleiben, als diese zu unterschreiten. Daher unsere Prämisse: Lieber weniger als mehr.

Ein kurzer Exkurs

Eine kleine Menge Futter genügt Eine kleine Menge Futter genügt

Wir geben unserem Becken also Futter hinzu. Jetzt wird ein Teil des Futters gefressen und ganz wichtig: ein Teil wird eben auch nicht gefressen. Dieser Teil lagert sich ggf. in strömungsarmen Regionen ab – sogenannten „Deadspots“, man spricht hier von Detritus. Um die Menge an nicht gefressenem Futter zu reduzieren, nutzen wir zwei Möglichkeiten:

  • Zielgerecht füttern (nicht zu viel und nicht zu wenig)
  • Überschüssiges Futter wird sofort durch unseren Vliesfilter aus dem Aquarium entfernt.

So vermeiden wir übermäßige Ansammlungen von überschüssigem Futter – gänzlich vermeiden lässt es sich nicht.

Nachdem wir also unsere Fische gefüttert haben, scheiden unsere Pfleglinge dieses Futter auf herkömmliche Weise in Form von Kot wieder aus. Dieser Kot beginnt im Anschluss sich zu zersetzen – diesen Vorgang bezeichnet man als Ammonifikation. Es entsteht also unter Hilfe von Bakterien Ammonium. Hinweis: Der selbige Vorgang entsteht, wenn überschüssiges Futter verrottet.

Dieses Ammonium wiederum stellt eine wichtige Nährstoffgrundlage unserer Korallen dar, wird aber bei Anreicherung potentiell zu Ammoniak (giftig!). Daher muss dieses Ammonium jetzt weiter verarbeitet werden, da es ggf. nicht gänzlich durch Aufnahme unserer Korallen verbraucht wird. Dieser Vorgang wird als Nitrifikation bezeichnet. Nitritbakterien (u.a. Nitrosomonas, Nitrosococcus, Nitrosospira) oxidieren das Ammonium also zu Nitrit. Hinweis: Oxidieren bedeutet unter zu Hilfe von Sauerstoff – also aerob. Sodass im Anschluss Nitratbakterien (u.a. Nitrobacter, Nitrospina, Nitrococcus) dieses Nitrit in Nitrat oxidieren. Nitrat ist also unser Endprodukt, welches wir auch hervorragend messen können.

Kurz zusammengefasst:

Futtereintrag (org. N-Verbindungen) -> Kot / Verrottung -> Ammonium -> Nitrit -> Nitrat.
Futtereintrag (org. P-Verbindungen) -> … -> Phosphat.

Selbstverständlich werden mit der Fütterung auch organische P-Verbindungen der Wassersäule hinzugefügt. Demnach resultiert eine starke Fütterung auch in dem von uns messbaren Phosphat.

Wir haben also verstanden, dass unsere Besatzmenge und auch die Besatzart wesentlichen Einfluss auf unseren Nährstoffhaushalt nimmt.

Der Nährstoffaustrag

Damit sich jetzt nicht übermäßig Nährstoffe (Nitrat, Phosphat etc.) ansammeln, wir unsere Zielwerte erreichen und vor allem halten können, müssen wir uns natürlich auch darüber Gedanken machen, wie wir übermäßige Nährstoffe wieder aus unserer Wassersäule (wichtig) entfernen können. Denn wir versuchen, ein möglichst harmonisches Gleichgewicht zwischen Ein- und Austrag herzustellen.

Alle Lebewesen in unserem Meerwasser-Aquarium benötigen Nährstoffe, egal ob Korallen, Fische, Bakterien oder Gestein (Denitrifizierung). Ein erfahrungsgemäß gutes Verhältnis (Redfield) ist 100 Teile Nitrat zu 1 Teil Phosphat. Unsere Aufgabe ist es, dieses Verhältnis zu schaffen und auch zu halten. Hierfür versuchen wir die Besatzplanung an unser Ziel, SPS-Showbecken, entsprechend anzupassen.

Auch hier gilt: Lieber etwas Nährstoffe nachdosieren, als überschüssige Nährstoffe entfernen zu müssen.
Ein detaillierter Blogbeitrag zum Thema Nährstoffhaushalt (Im-/Export) wird noch folgen.

Welche Fische nehmen wir denn jetzt?

Der Spagat zwischen Nährstofflieferant und Nützling

Wir kennen es alle: Man steht im Zoofachgeschäft oder dem Aquaristikfachgeschäft seiner Wahl vor der Fischanlage und kommt schlicht aus dem Staunen nicht heraus. Es gibt einfach viel zu viele hübsche Fische in der Meerwasser-Aquaristik. Jeder Fisch hat seinen eigenen Reiz und am liebsten würde man einfach alle mitnehmen.

Da dies aber in aller Regel dazu führt, dass wir viel zu viel Fisch und ggf. auch Fische im in unserem Ökosystem haben, die dort schädlich sein können, müssen wir kurz innehalten und darüber nachdenken, was sinnvoll ist.

Sinnvoll könnte sein, dass jeder Fisch eine spezifische Aufgabe in unserem Ökosystem übernimmt und sich somit positiv auf das Gesamtsystem auswirkt. Daher haben wir unsere Besatzplanung in verschiedene Kategorien unterteilt:

Die Cleaning-Crew

Chromis viridis bei der Angleichung der Dichte Chromis viridis bei der Angleichung der Dichte

Diese Arbeitsabteilung (😉) hat die Aufgabe, sich um die Reinigung unseres Systemes zu kümmern. Wir verstehen hierunter: Algenbeseitigung, Sand pflegen, Ansammlungen (Detritus) vertilgen – quasi einfach den Laden sauber halten. Hierfür haben wir folgende Tiere geplant:

  • Mexikanische Turboschnecken
  • Einsiedlerkrebse
  • Herzseeigel (Maretia planulata)
  • Kegelschnecken (Strombus sp. / Conomurex luhuanus)
  • Hummelschnecken (Engina medicaria)

Die Veggie-Crew

Dieses Team kümmert sich maßgeblich um aufkommenden Algenaufwuchs. Hierfür eignen sich Doktoren unterschiedlichster Art wunderbar. Dieser Besatz ist uns allerdings durch das vorherige System vorgegeben. Wir werden folgende Tiere einsetzen:

  • 1x Hawaii Doktorfisch (Zebrasoma flavescens)
  • 1x Brauner Segelflossendoktor (Zebrasoma scopas)
  • 1x Andamanen-Fuchsgesicht (Siganus magnificus)
  • 1x Algenblenny (Salarias fasciatus)

Diese Fische vertilgen erfahrungsgemäß jede nur erdenkliche Alge und setzen die Nährstoffe wieder wunderbar im System frei. Somit sind sie wieder verfügbar und oder können exportiert werden.

Die Chromis sind noch etwas skeptisch Die Chromis sind noch etwas skeptisch

Die Pest-Crew

Da ggf. unterschiedliche Probleme oder Ungeziefer auftreten können, versuchen wir mit diesen Tieren direkt vorzubeugen.

  • 1x Sechsstreifenlippfisch (Pseudocheilinus hexataenia)
  • 2x Gelbbauchdemoiselle (Chrysiptera hemicyanea)

Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir bereits 10x Chromis viridis und die beiden Gelbbauchdemoisellen eingesetzt. Sie sollen für weitere Nährstoffe sorgen und unseren Stickstoffhaushalt ankurbeln. Wir halten euch natürlich immer auf dem Laufenden, wie sich der Besatz weiter entwickelt.

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Artikel-Tags: sps aquarium besatz showtank
Über den Autor Tobias

Schon immer hat sich Tobias ein Meerwasser-Aquarium gewünscht. 2018 war es dann soweit - der erste Nanowürfel wurde angeschafft. Seitdem ist er vom Meerwasser-Virus infiziert. Aktuell pflegt er sein privates 525XL und eine weitere SPS-Zuchtanlage und lebt dieses Hobby umso intensiver.

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